Bitte aktiviere JavaScript!

Eine Sportgemeinschaft und ihr Problem „Sportplatz“

 

Mit dem neuen Aufschwung in der Sport-bewegung wurden natürlich auch höhere Anforderungen besonders durch den Fußball an den Zustand des Sportplatzes am Volkshaus gestellt.

Treffend wird der Zustand des Sportplatzes in zwei alten Aufzeichnungen geschildert.

 Am Volkshaus, umgeben von rauschenden Fichten, liegt ein sturzackerartiges Gelände, das den seltsamen Namen „Sportplatz“ trägt; seltsam deshalb, weil bei diesem Knöchel- und Beinbruchgelände schon längst nicht mehr von einer sportlichen Anlage gesprochen werden kann!

Achtung! Sportler und Sportlerinnen! Anhänger des Fußballsportes!

Endlich ist es wieder so weit, die Punktspiele beginnen!

Wieder werden wogende Zuschauermassen in den Bann gewaltiger Fußballschlachten gezogen, werden Sieg oder Niederlage erlebt.

Im „Stadion“ am Volkshaus wird unsere rasante Elf auch den schwersten Gegnern Kämpfe auf Biegen und Brechen liefern; Brünlos gilt schon immer im internationalen Fußballsport als heißer Boden. Ja du liest richtig, ein heißer Boden. Aber warum? Nicht immer wegen der Kampfstärke unserer Elf, sondern – weil Brünlos einen Platz ganz besonderer Klasse bieten kann. Der tückische Rasen nämlich versetzt dem Ball einen Dreh und weg ist das Biest [10].

Der Zustand des Sportplatzes war deshalb ein großes Problem für die Sportler. Der Ball machte was er wollte und eine hohe Verletzungsgefahr bestand außerdem für die Sportler.

Erste Ideen, den zu kleinen, abschüssigen Sportplatz zu vergrößern und das starke Gefälle zu nivellieren, tauchten 1947 auf. Es gab hierbei zwei grundlegende Meinungen.

Albert Strobel (Sektionsleiter Fußball), Alfred Kropp (Jugendleiter) und ein Teil der aktiven Fußballer wollten die Spielfläche parallel zur Volkshausstraße, also von Nord nach Süd liegend, ein wenig erweitern. Der Leiter der Sportgemeinschaft, Hans Falke und ein anderer Teil der Sportler strebten eine weiträumigere Lösung an, nämlich eine wesentliche Vergrößerung und Begradigung des Sportplatzes in der bisherigen Lage, also von Ost nach West in Richtung Stollberg [9]. Auch kam später der Wunsch auf eine Sprunggrube und eine 100 m Laufbahn anzulegen [15].

Im Frühjahr 1948 ließ Hans Falke einen alten Studienfreund, Ernst Lawitschka, aus Westberlin nach Brünlos kommen. Er war Gartenbauarchitekt und erstellte in mehr-tägiger Arbeit einen genauen Bauplan, einen Nivellierungsplan und einen Kostenanschlag.

In einer Sportlerzusammenkunft im „Volkshaus“ trug er den Brünloser Sport-freunden seinen Plan vor, der einstimmig angenommen wurde.

Im Sommer 1948 begannen auch erste, vorbereitenden Bauarbeiten. Viele Aufrufe zu freiwilligen Arbeitseinsätzen zeugen vom unbedingten Willen, die Bedingungen auf dem Sportplatz zu verbessern.

Zum Beispiel:   „3. Großeinsatz am Volkshaus.

Beteiligt Euch am Sonntag, den 18.9. 1949 restlos am Platzbau! Unsere Mannschaft wird uns durch blendende Siege dafür belohnen“ [10].

Doch die Sportler hatten sich überschätzt. Bald erkannten sie, dass ohne die Einschaltung und Unterstützung der sich herausbildenden Nachkriegsbehörden nicht voranzukommen sei. Die Arbeiten nur mit Hacke und Schaufel voranzutreiben, erwies sich als unmöglich. Die Sportlerarbeitseinsätze wurden wieder beendet. Der Fußballbetrieb ging zunächst wie bisher auf der alten Spielfläche weiter.

 

jede „Technik“ war im Einsatz Alfred Kropp hinter dem Handwagen

Hans Falke trug den Bauplan dem Bürgermeister Willy Hahn und seinen Gemeindevertretern vor. Er fand Unter-stützung. Besonders der damalige Gemeinde-rat Karl Steinbrenner, ein älterer, ausge-bombter Ingenieur aus Berlin, der mit seiner Frau in Brünlos lebte nahm sich mit Interesse der Sache an.

Inzwischen war der Kreis Stollberg aufgelöst worden und im vergrößerten Landkreis Chemnitz Land aufgegangen. In Brünlos wurde der aus Gelenau stammende Günter Rößler als neuer Bürgermeister eingesetzt. Er war der erste aus der Freien Deutschen Jugend (FDJ) hervorgegangene Bürgermeister im Landkreis. In Chemnitz hatte der Landrat Engelke den Vorsitz des Landkreises.

Die Pläne für den Sportplatzbau übernahm das Bauamt Chemnitz.

Mit Billigung des Bürgermeisters Günter Rößler, fuhren Karl Steinbrenner und Hans Falke in den Jahren 1949 und 1950 mehrfach ins Landratsamt, um mit den dortigen Behörden zu verhandeln und eine finanzielle Unterstützung zu erwirken. Das Auftreten und außerordentliche Verhandlungsgeschick führ-ten zu dem Erfolg, dass Landrat Engelke

Unterstützung versprach und später auch bereitstellte [9].

Der Plan „Sportplatzbau“ war trotzdem utopisch, weil es vier Jahre nach dem schrecklichen Weltkrieg noch immer an allem mangelte – an Essen, Kleidung, Baumaterial und vielem mehr und weil die Sportbewegung gerade erst wieder im Entstehen war.

Die finanziellen Mittel der Gemeinde reichten hinten und vorn nicht. Dennoch: „An der Schraube Sportplatzbau“ wurde von vielen immer wieder gedreht.

So war im Dorfwirtschaftsplan der Gemeinde der Sportplatzbau vorgesehen – Beginn Frühjahr 1951 – Fertigstellung 1. Juli 1951. Auch die FDJ-Kreisleitung (Freund Roscher) sprach im Gemeindeamt vor und versprach sich tatkräftig mit einzusetzen [15].

Bei unseren Recherchen zum Sportplatzbau konnten wir feststellen, dass von ver-schiedenen Seiten viele Brünloser um das Projekt Sportplatz kämpften. Dieser Einsatz und dieser Kampf sollte sich auch noch einige Jahre fortsetzten

Der Beginn des Sportplatzbaues 1951

So kam das Frühjahr 1951 heran. Die im gleichen Jahr stattfindenden Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Berlin, an dem auch zahlreiche junge Brünloser teilnahmen, hatten ein starkes Echo im Land hinterlassen. Man besann sich, dass aus eigener Kraft manches zu erreichen sei, was utopisch erschien.

 

Ende März wurde vom Traktorist Freudenberg der halbe Platz aufgeackert.

Am 1. Mai 1951 vollzog der Bürgermeister Günter Rößler den 1. Spatenstich für den neuen Platz [8,9,15].

Es fanden viele Zusammenkünfte und Beratungen statt, aber die Taten folgten nicht. Eine Kommission aus Chemnitz erklärte, die alten Pläne seien nicht großzügig genug, man wolle in Brünlos einen Schwerpunkt schaffen [15]. So verstrichen die Sommermonate nutzlos.

Wieder nahmen einige die Initiative auf, um den schlummernden Sportplatzbau voran-zutreiben.

Die Leitung der damaligen Kinderorganisation machte eine Eingaben an den Gemeinderat, mit der Bitte, den Sportplatzbau „anzukurbeln“. Gemeinderäte wie Erich Drechsel, Arthur Weißflog , Heinz Schmalfuß u.a. griffen die Bitte der Kinder auf. Man wollte sich nun direkt an das Büro Ulbricht wenden. Wolfgang Lorenz, Gemeindevertreter und Schulleiter in Brünlos entwarf die schriftlichen Anträge, die vom Gemeinderat beraten und bestätigt wurden. Nach einer ersten Antwort fuhren Wolfgang  Lorenz und Arthur Weißflog nach Berlin ins Haus der Ministerien, Leipziger Straße, um „noch mehr Dampf zu machen“.

Man ging dem dortigen Sportvertreter „nicht von der Hacke“, bis man eine Zusage erhielt, dass ein Berliner Vertreter an Ort und Stelle das Vorhaben (Sportplatzbau) ansieht und konkrete Entscheidungen trifft. Der Sport-freund aus Berlin vermittelte, dass die notwendigen weiteren Finanzen für den Sportplatzbau aus Totto-Lotto-Mittel frei-gegeben wurden [8].

Für die vom Landkreis bereitgestellten Mittel wurden Schaufeln, Spaten, Schubkarren und andere Handwerksgeräte gekauft. Nur mit diesen, aus heutiger Sicht primitiven Geräten, gingen die Brünloser an die schwere Arbeit. Die Fotos verdeutlichen die enormen Erdarbeiten, die zu bewältigen waren.

mehrere 1000 m³ Erde wurde bewegt

später war eine Feldbahn im Einsatz

Mit Hacke und Schaufel wurde Wochenende für Wochenende (damals war der Sonnabend noch ein Werktag) daran gearbeitet, das Gefälle von der oberen Waldecke abzutragen und in  der Diagonalen am unteren Fußballtor aufzufüllen. Anleitung gaben jeweils im Bauwesen erfahrene Einwohner wie zum Beispiel der Schulhausmann Arthur Weißflog, Fritz Bernhardt, Heinz Hallfahrt und viele andere.

Am bemerkenswertesten war, dass sich nicht nur Sportler am Sportplatzbau beteiligten, sondern dass die Massenorganisationen und viele Brünloser Bürger aller Altersstufen, darunter auch Frauen und Mädchen, mithalfen.

Der Platzbau wurde zu einer echten Gemeinschaftsarbeit der Brünloser Be-völkerung. Eine derartige Initiative hat es nach unserer Meinung später nur noch einmal beim Bau des Brünloser Freibades gegeben.

Die Arbeitseinsätze wurden genau registriert. Jeder der Mithelfenden bekam seine Arbeitsstunden auf einem Kärtchen vermerkt.

Man nannte dies NAW-Stunden (Nationales Aufbauwerk). Finanzielle Vergütung gab es natürlich nicht, ja selbst für Getränke und Verpflegung mußte jeder selbst aufkommen. An den Sonntagen arbeiteten oft 40-50 Freiwillige. Den Rekord mit 70 Helfern erreichte der 31. Oktober 1952, ein Feiertag (Reformationsfest).

Bau der Drainagen

Im 2. Jahr des Sportplatzbaues, im Sommer 1952, gab es vom Landkreis nochmals eine finanzielle Beihilfe. Neben den freiwilligen Einsätzen konnte eine Brigade des VEB „Erdbau Thalheim“ ganztägig eingesetzt werden. Diese brachte mit Feldbahn und Kipploren den Bau sehr voran [9]. Erinnert soll auch werden, dass die Strumpffirma Gerhard Möckel Brigadeeinsätze ganztägig organisierte. Ende 1952 war die Ver-größerung und Planierung des Platzes im Wesentlichen beendet [7].

Dieser Erfolg in der kurzen Zeit war aber nur möglich, weil sich in erster Linie die Gemeindeverwaltung tatkräftig für die beschleunigte Fertigstellung des Projektes einsetzte und zum anderen der größte Teil der Brünloser Bevölkerung die Notwendigkeit erkannt hatte, in freiwilliger Gemein-schaftsarbeit ein Sportgelände zur Gesund-erhaltung der Werktätigen zu schaffen [16].

Die Endphase des Sportplatzbaues

Das Jahr 1953 kam heran. Die Brünloser Fußballer hatten sich in der Zeit des Sportplatzbaues von 1951-1953 nicht aus-geruht. Sie trugen ihre Punkt- und Freund-schaftsspiele auf dem Dorfchemnitzer Platz aus. Die I. und II. Mannschaften und die Jugend hatten sich mit den aktiven Fußballern von Dorfchemnitz unter dem alten Namen SG Brünlos vereinigt. Eine Verstärkung erhielten sie durch Umsiedler- und Wismutspieler. Die gemeinsame Brünlos/Dorfchemnitzer I.

Mannschaft gab in der 2. Kreisklasse des Landkreises Chemnitz/Land einen starken Gegner ab. Chemnitzer Mannschaften wurden meist besiegt.

Sie stand mehrere Jahre mit an der Tabellenspitze der 2. Kreisklasse. Sehr gut unterstützt bei den weiten Auswärtsspielen wurden sie durch die Zurverfügungstellung von Lieferwagen bzw. von PKW des Sportfreundes Gerhard Möckel aus Brünlos und „Icke“ Gornizi aus Dorfchemnitz [6, 9].

Es war deshalb kein Wunder, dass nun die Fußballer im Frühjahr 1953 endlich auf dem fertiggestellten neuen Platz gleich spielen wollten. Aber die Mehrzahl der SG-Mitglieder, aktive wie passive und auch der Gemeinderat rieten dazu, einen Rasenplatz statt eines Hartplatzes anzulegen.

Es war nicht leicht, manchen Aktiven von der Notwendigkeit dieses Schrittes zu überzeugen. Denn nun musste in mühsamer Arbeit auf der gesamten Spielfläche Mutterboden aufgezogen und Gras gesät werden. Gleichzeitig wurden die Holz-barrieren um die Spielfläche gebaut, die Tore gesetzt, die Böschungen begradigt und mit Rasenbatzen Lücken begrünt. Im Sommer 1953 mähte man die Spielfläche zum ersten Mal per Hand. Um einen noch dauerhafteren Rasen zu bekommen, wurde beschlossen, erst noch ein zweites Abmähen im Herbst abzuwarten. Dies war eine weitere starke Geduldsprobe für die nun schon sehr ungeduldigen Fußballer [7].

 

Bau der Böschung am unteren Platzende

Barrierenbau, bald ist es geschafft

Die Platzweihe und die Gründung der Betriebssportgemeinschaft „Fortschritt“ Brünlos

Endlich war es so weit. In einer Festwoche vom 7.–11. Oktober 1953 erfolgte die Einweihung des neuen Brünloser Waldsportplatzes.

die Eröffnungsfeier

Am 7. Oktober, einem wunderschönen Herbsttag, begannen am zeitigen Morgen mit dem traditionellen Staffellauf „Quer durch Brünlos“ die sportlichen Wettkämpfe. Dieser Lauf wurde schon seit Jahren am 1.Mai durchgeführt. Es maßen je 10 Läufer der Fußballer, der Turner und der FDJ-ler ihre Kräfte. Die Strecke führte vom Gemeindeamt kreuz und quer durch unseren Ort und endete wieder am Gemeindeamt. Wie fast immer siegten die Turner.

Der 10. Oktober 1953 war ein besonders denkwürdiger Tag für die Brünloser Sport-geschichte. Der Abend klang mit einem Sportlerball im Volkshaus aus. Es wurden die verdienstvollen Sportfreunde und Bürger ausgezeichnet, welche die meisten frei-willigen Arbeitsstunden beim Platzbau geleistet hatten [9]. Allen voran stand der im Kreisgebiet bekannte Sportfunktionär Albert Strobelt mit über 600 Stunden [17].

Gleichzeitig wurde an diesem Abend die Betriebssportgemeinschaft „Fortschritt“ Brünlos ins Leben gerufen. In einem feierlichen Akt erhielten die Sportlerinnen und Sportler ihre Mitgliedsbücher. Die Musik- und Kulturgruppen des KARMA-Werkes und die Turnerinnen und Turner umrahmten den Sportlerball[16].

Allen, die mit unglaublicher Zähigkeit und beispiellosem Einsatz diesen herrlich ge-legenen Waldsportplatz geschaffen haben, gilt unsere Hochachtung und unser Dank. Sie schufen die Voraussetzung, dass der Sport in Brünlos und über den Ort hinaus in den vergangenen Jahrzehnten bis in die heutigen Tage eine bedeutende Rolle mit vielen Erfolgen und Höhepunkten spielt.

der Waldsportplatz Brünlos

Am Sonntag, dem 11.Oktober, fand am Nachmittag ein Festumzug der Sportler zum Volkshaus statt. Für das anschließende Einweihungsspiel hatte die Sportgemeinschaft die damals Aufsehen erregende Neuwürschnitzer Juniorenmannschaft gewon-nen, diese Mannschaft gewann kurz vorher den „Junge Welt-Pokal“ der DDR („Junge Welt“ / Zeitung der FDJ). Das war ein enorm starker Gegner. Als Schiedsrichter wurde auf speziellen Wunsch der Einsiedler Sportfreund Börner geholt, diesen hatte man in den Punktspielen der letzten Jahre als besten Unparteiischen kennengelernt. In der Brünloser Mannschaft standen damals viele gute Fußballer aus unserem Ort sowie teilweise aus Dorfchemnitz. Das Spiel selbst wurde vor über 1000 Zuschauer nach tapferer Gegenwehr knapp mit 3:4 Toren verloren.

das Eröffnungspiel gegen Neuwürschnitz

In der Halbzeitpause zeigten auf der Spielfläche die Turner ihr Können an mehreren Geräten.

in der Halbzeitpause

Autor: Dieter Krebs

Quelle: Auszug aus der Broschüre - Der Sport in Brünlos 1887-2003

27.08.13